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Space Camp - Teil 2

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Ich habe noch etwas Zeit und gehe zum Andenkenladen, ein recht ordentlicher Souvenirshop am Eingang des Besucherzentrums. Noch fällt mir die Orientierung schwer und ich folge den Wegen, die ich mir bereits zuvor erschlossen hatte. Im Shop lerne ich David kennen, der Teil meines Teams sein wird. Er fällt mir auf, da er ebenfalls einen Ausweis trägt, der ihn als Space Camper outet. Ich komme mit ihm ins Gespräch und wir beschließen, dass wir uns einen Overall, also einen dieser blauen Flightsuits kaufen. Die 99 $ sind es uns wert, größtmögliche Authentizität während unserer Zeit zu gewährleisten. Für einen kleinen Aufpreis erhalten wir noch ein Namensschild mit schmucker Pilotenschwinge. So ausgestattet geht es in den großen Saal namens „Challenger“. Hier findet ab 13:30 Uhr der erste Programmpunkt des Tages statt. Wir erhalten eine Einführung durch den Astronauten Robert Lee „Hoot“ Gibson. Der fünffache Shuttle-Astronaut erzählt uns von seinen Abenteuern, stellt sich den interessierten Fragen des Publikums und verleiht der Veranstaltung eine gewisse Wichtigkeit.

Danach treffen wir uns in Gruppen mit jeweils 15 Personen. Wir sind das Team Pioneer, erklärt uns Lee, unser Trainer, und begrüßt alle kurz. Unser hochmotiviertes Team ist international besetzt. Vier Teilnehmer stammen aus Kanada, einer aus England, eine junge Frau aus Japan und natürlich viele US-Amerikaner sowie ich als Deutscher. Die Ernsthaftigkeit und Disziplin, mit der alle Teilnehmer das Training mitmachen, überrascht mich während der drei Tage. Allesamt sind wir mit dem Anspruch an die Sache herangegangen, möglichst viel mitzunehmen. Fast alle haben irgendeinen Raumfahrt-Hintergrund. Studenten, die ein Studium im Bereich Raumfahrttechnik anstreben und sich danach für ein Astronauten-Programm bewerben wollen, ehemalige Luftfahrttechniker, Air Force Mitarbeiter, Informatiker oder einfach Enthusiasten.

Lee stellt fest, dass das Training im Simulator schon bald beginnt. Doch zunächst erfolgt die Einteilung der Positionen für unsere erste Mission, die Alpha-Mission im Space Shuttle. Mir ist schnell klar, dass nicht alle Teilnehmer im Shuttle-Simulator selbst sitzen werden. Daher werden wir auch verteilt auf die Positionen: Commander, Pilot, Missions-Spezialist 1 und 2 sowie ein Team für das Mission Control Center und eine kleine Besatzung für den Aufenthalt in der Internationalen Raumstation. Im richtigen Moment die Hand zu heben hat geholfen, mir einen Platz auf dem Flugdeck zu sichern. Ich werde als Pilot ausgewählt und bin sehr dankbar dafür. Genau das ist mein Ziel. Kaum eingeteilt sitzen wir schon an Bord des Space Shuttle Enterprise. David, mein Bekannter aus dem Souvenir-Shop, wird zum Commander ernannt. Ich freue mich wie ein kleines Kind, als wir durch die Luke in den Simulator klettern. Im Mitteldeck erhalten wir eine kurze Einweisung in die Handhabung der Staufächer. Dann klettern David und ich, ausgestattet mit Checklisten, eine Leiter höher auf das Flugdeck. Als Pilot sitze ich rechts. Vor der eigentlichen Alpha-Mission kommt das Alpha-Training. Unsere Crew Trainer erklären ausführlich die Handhabung der Checklisten und ich gebe mir größte Mühe, mit meinen verschütteten Schulenglisch-Kenntnissen alles korrekt aufzunehmen. Ich merke, wie meine Ohren anfangen zu glühen, so wie es immer ist, wenn ich konzentriert bin. Dann gehen wir die Startcheckliste durch. Darauf stehen beispielsweise Anweisungen, wie: ‚Panel R2: Set APU Fuel TK VLV (1/2/3) To Open‘. Auf den Bedien-Panels muss ich dann tatsächlich lange nach den richtigen Knöpfen suchen. Bestimmte Vorgänge, wie das Starten der Hilfstriebwerke (APU Auxiliary Power Unit), werden immer wieder trainiert. Die Zeit wird mittels Stoppuhr gemessen, denn die Prozeduren sollen innerhalb von fünf Minuten erledigt sein. Die Situation erscheint mir etwas stressig, doch die Shuttle Mission ist genau das, wofür ich hier bin. Während man mich mit der Bedienung der Schalter herausfordert wird der Commander auf Anflug und Landung des Shuttles trainiert. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Mit jedem Versuch bekommt David mehr Steuerfreiheiten eingeräumt aber auch mehr externe Einflüsse, wie Seitenwind. Auch wenn die Shuttle-Flotte der Amerikaner längst in Rente ist, so ist es doch immer noch das Raumfahrzeug, mit dem ich groß geworden bin.

Nach etwa eineinhalb Stunden Training verlassen wir den Simulator und bekommen die Möglichkeit, eine Modellrakete zu basteln. Unser Trainer ist erfahren und erklärt uns Schritt für Schritt, was zu tun ist. Mit meinen Sprachkenntnissen fühle ich mich am Rande des Machbaren, schaue aber auf das, was meine Tischnachbarn durchführen und erschließe mir so die nächsten Schritte. Die kleinen Raketenmodelle wollen wir am nächsten Tag mit einem Treibsatz zünden und in die Luft befördern. Eine kleine spaßige Aktion, bei der alle ein wenig durchatmen können.

Es ist 19 Uhr, wir haben das Abendessen beendet - den Tag aber noch lange nicht. Die Alpha-Mission steht bevor. Wir betreten erneut die Enterprise und es wird ernst. Die Crew-Trainer stehen uns jetzt nur noch über Mission Control zur Verfügung. Start, Mission, Landung – sind wir wirklich darauf vorbereitet? Schnell wird uns klar, dass eineinhalb Stunden Übung zu wenig sind, um diese realistische Simulation fehlerfrei zu beherrschen. Es dauert lange, bis wir die richtigen Schalter finden, schaffen aber einen sauberen Start. Viele Missionsziele können wir abschließen. Dass unsere Nutzlastbucht beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre doch noch geöffnet war übergehen wir mal. Während des Landeanflugs auf die Shuttle Landing Facility am Kennedy Space Center schaukelt die Enterprise wie ein Segelschiff auf offener See. Als Pilot sage ich David die Höhen an und fahre der Vollständigkeit halber noch das Fahrwerk aus, bevor unser Shuttle nahezu quer zur Piste aufklatscht. Trotzdem werden wir mit einem Applaus empfangen. Erst später bekommen wir mitgeteilt, dass wir das Fortgeschrittenen – Programm absolvierten und dafür doch alles gar nicht so schlecht gewesen sei. Erst um 21:00 Uhr ging es zurück auf das Zimmer. Mittlerweile hat sich ein Zimmergenosse eingefunden, aber immerhin sind wir nur zu zweit und nicht zu sechst. Die meisten Teilnehmer nutzen das einfache Habitat für die zwei Übernachtungen, einige bevorzugen jedoch das benachbarte Huntsville Marriott Hotel. Ich versäumte es nicht, ein paar Highlights bei Facebook zu posten, bevor ich erschöpft einschlafe.

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